Die Linke ist tot
ZFast immer haben Marxisten Recht. Warum hört dann keiner auf sie? Weil Marxismus mehr ist als Rechthaben. Marxismus ist nicht organisierte Besserwisserei, sondern die Politik der Revolution. Wir Linken machen aber keine Revolution mehr, sondern entweder eine Politik der kleinen Schritte – oder gar nichts. Ob Sozialdemokraten, Grüne, Sozialisten oder Kommunisten: Wir haben kein großes Projekt mehr. Wir haben uns ans Verlieren gewöhnt und begnügen uns damit, rechtzuhaben. Damit beginnt das Elend.
Marxismus kann nicht richtigliegen und der Welt die Schuld für seine Niederlage geben. Die Wahrheit des Marxismus liegt in der Politik. Politik heißt: die Macht erobern, Geschichte machen. Eine Politik, die das nicht tut, liegt falsch. Und weil heute die Linke tot ist, ist der Marxismus falsch. Leo Trotzki rief den deutschen Ultralinken 1921 auf dem dritten Weltkongress der III. Internationale entgegen: »Genossen des linken Flügels, ihr seid große Revolutionäre. Ihr werdet kämpfen und sterben für die Sache des Kommunismus. Aber das genügt uns nicht. Wir müssen nicht nur kämpfen, wir müssen siegen.«
Es war um die Revolution weitaus besser bestellt als heute.
Die Linke ist tot. Sie hat nicht nur das Siegen verlernt, sondern auch das Kämpfen aufgegeben. Der Marxismus geht aber von einer Welt aus, in der die Linke lebt. Ohne sie können die Kategorien, mit denen er die Welt beschreibt, weder an der Welt widerlegt, noch von ihr bestätigt werden. Die Lehren des Marxismus sind heute Dogmen ohne Bezug zur Realität. Wer an sie glaubt, tut das, weil sie in einem Buch stehen. Das Kapital hat politisch den gleichen Stellenwert wie die Bibel: Ob man sein Handeln danach richtet oder nicht – Glaubenssache.